Warum eigentlich ausgerechnet Tanzen?
Diese Frage stellen sich, da bin ich mir sicher, viele Menschen. Insbesondere diejenigen, die von Partner*in „mitgeschleppt“ wurden, oder von den Eltern zum Tanzkurs angemeldet wurden, ohne dass sie selber wirklich große Lust darauf hatten.
Wer von Anfang an Lust aufs Tanzen hat weiß, was Tanzen potentiell alles mit uns macht. Es bringt Freude, die Bewegung zur Musik löst Glücksgefühle aus, wir lernen immer wieder neue Bewegungen, Abläufe und Kombinationen und schulen so nicht nur unsere Koordination, den Rhythmus und das Taktgefühl, sondern lernen häufig auch viele zwischenmenschliche Dinge. Aber was genau bringt Tanzen mir jetzt wirklich? Andere Dinge machen mir auch Freude, Takt und Rhythmus kann ich auch über ein Instrument erlernen und Koordination ist in anderen Sportarten ebenso wichtig. Nehme ich einen Mannschaftssport, dann habe ich auch gleich meine zwischenmenschliche Ebene abgedeckt.
Keines dieser Argumente ist mir als Tanzlehrerin wirklich neu. Im Gegenteil, in unserer Ausbildungszeit beim ADTV haben wir durchaus auch über diese Themen gesprochen. Denn sollte ich als Profi nicht auch die Gründe kennen warum jemand vielleicht nicht ganz so heiß darauf ist bei uns Kurse zu machen?
Über die psychologischen Vorteile des Tanzens habe ich schon in einem anderen Artikel geschrieben, deshalb möchte ich dieses Mal mehr auf die körperliche Komponente eingehen.
Es gibt bestimmte Dinge, die dem Tanzen immer nachgesagt werden: Tanzen ist gesund. Es baut die Nervenautobahnen im Hirn, die so genannten Synapsen, weiter auf und vernetzt die unterschiedlichen Zentren im Gehirn, was wiederum vorbeugend in Bezug auf Demenz und Alzheimer wirken kann. Durch die gruppen- oder paarweise Aktivität zur Musik verfliegt die Zeit schneller und häufig fällt uns erst später auf, wie viel der Körper teilweise geleistet hat. Das kann sich positiv auf unsere Ausdauer auswirken.
Zudem wird dem Tanzen immer wieder nachgesagt, dass es besonders gut für den Rücken ist – und es wird nicht nur so gesagt, sondern von diversen Studien belegt.
Es gibt nur wenige Sportarten, die Gelenke und Bandscheiben lockert, sowie gleichzeitig die feinen Zwischenwirbel-Gelenke mobilisiert. Tanzen gehört dazu.
Wer tanzt, tut dem Rücken einen Gefallen, denn die aufrechte Haltung wird gefördert, und unsere Rückenmuskulatur trainiert. Alleine das Einnehmen einer Tanzhaltung und das Halten selbiger über einen oder mehrere Titel mit verschiedenen Figuren und Bewegungen spricht die Muskulatur an.
Hierfür gibt es eine ganz einfache Übung als Beispiel:
Stellt euch einmal aufrecht hin und nehmt die Arme seitlich hoch bis sie parallel zum Boden sind. Diese T-Form haltet ihr jetzt für mindestens eine Minute. Ihr werdet feststellen, wie schwer eure Arme eigentlich sind und wie anstrengend es sein kann, die Arme nicht fallen zu lassen, oder von der T-Form abzuweichen.
Diese Übung machen wir hin und wieder sehr gerne mit unseren Kunden, denn im Paartanz, egal ob Gesellschafts- oder Turniertanz, ist es wichtig, dass jeder seine eigene Arme halten kann.
Eine weitere interessante Übung ist, wenn man sich mit geschlossenen Füßen, oder auch schulterbreit aufgestellt, auf die Zehenspitzen stellt. Am besten so hoch wie es geht, ohne dass die Füße krampfen. Dann versucht ihr in dieser Position ausbalanciert zu verharren oder das Gewicht zwischen den Füßen hin und her zu verlagern. Geht es nicht mehr, dann senken wir wieder sanft zum Boden ab, am liebsten mit gelockerten Knien. Diese Übung fördert nicht nur den Gleichgewichtssinn und spricht die Rückenmuskulatur an, sondern sie kräftigt auch die Fußgelenke und trainiert unsere Beinmuskulatur.
In einigen Tänzen gibt es ein so genanntes Heben- und Senken. Das bedeutet, dass man auch auf den Zehenspitzen zu jeder Zeit ausbalanciert stehen können muss, um in die nächste Bewegung umleiten zu können. Meistens erreicht man diese Positionen sogar aus schwungvollen Bewegungen heraus und nicht aus dem Stand, was den Schwierigkeitsgrad noch erhöht – und nein, diese Dinge müssen Tänzer*innen nicht von heute auf morgen ausführen, sondern bauen es nach und nach mit Erfahrung und Können auf.
Nun stellen wir uns vor, dass wir all diese Übungen zur Musik machen. Mit Partner*in, oder auch in einer Gruppe, ohne dass wir dabei alleine vor einem Spiegel stehen und eine Minute warten müssen, bis wir wieder abbauen dürfen. Uns wird noch nicht einmal erzählt, dass wir gerade Dinge tun, die gesund für uns sind. Wir sollen eigentlich einfach nur Spaß haben und eine schöne Zeit verbringen. Zufälligerweise tun wir uns aber gleichzeitig noch etwas Gutes und machen ein bisschen Sport.
Und unter anderem genau deshalb: ausgerechnet Tanzen.
Bericht und Fotos:
Inga Wilking, ADTV Tanzschule Tessmann