GEGEN JEDE VERNUFT
Warum Muscle Cars so eine Faszination auf uns haben!
Zuallererst möchte ich mich kurz vorstellen. Ich bin ein 31-jähriger „Junge“ der es immer noch nicht geschafft hat, sich von seiner Faszination für Fahrzeuge und vor allem für Sportwagen zu lösen. An dieser Stelle werde ich zukünftig über Autos und das Fahren für Euch schreiben. In meinem Leben habe ich mir Wissen über Autos angeeignet, allerdings weiß ich längst nicht alles. Und das ist gar nicht schlimm; denn, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, zu sagen „Man wisse alles über Autos“ wäre so, als würde ein Mann sagen, er wisse alles über Frauen.
Ihr merkt, hier ist nicht immer alles ganz ernst zu nehmen, und es werden mit Sicherheit auch Ausdrücke einfließen, die nicht immer 100% jugendfrei sind.
Das Thema „Muscle Car“ beschäftigt mich schon seit jungen Jahren, denn bei uns auf dem Dorf gab es am 1. Mai immer das Power of Chrome Meeting mit über 400 Fahrzeugen und rund 10.000 Besuchern. Vom Pick Up bis zum DeLorean kamen die Autos sogar aus Schweden. Dabei wurden speziell die Muscle Cars von coolen Typen mit Pilotenbrillen gefahren, die die heftigsten Burnouts hinlegten.
Ich habe lange überlegt, wie ich Euch das Thema „Muscle Car“ näherbringen kann und habe angefangen eine Pro und Kontra Liste zu schreiben. Aber mal ernsthaft. Niemand kauft sich ein Muscle Car weil er Listen mag! Es geht um Emotionen, eine kleine Fußbewegung die ein Gewitter auslöst und die Möglichkeit, die Puschen richtig qualmen zu lassen. Es geht auch nicht darum, wie klein oder groß dein Luigi ist, sondern wie groß seine beiden Brüder sind, denn die sollten riesig sein, wenn man auf die Idee kommt sich an die Grenzen der Physik heranzutasten.
Also habe ich mir ganz uneigennützig einen Mustang besorgt, um Euch einen noch authentischeren Einblick geben zu können. Um genau zu sein, ist es ein Ford Mustang Boss 302 von 2014. Der Boss ist eine limitierte Sonderedition gewesen, die zur Homologation für die SCCA Trans-Am Serie diente. Das heißt, dass in diesem Mustang ein 5 l Renn-V8 steckt, der bis ca. 7400 Umdrehungen macht und 450 PS leistet.
Wenn man sich das erste Mal in den Wagen setzt, fällt einem sofort die Plastikwüste auf. Jemand der deutsche Fabrikate gewöhnt ist, wird sich hier vermutlich nicht unbedingt pudelwohl fühlen. Alles fühlt sich hart und unflexibel an. Abgesehen von dem Alcantara-Lenkrad, welches nicht typisch für ein Muscle Car ist. Ich stelle mir den Sitz ein. Versuche dabei den perfekten Winkel zu finden, um sehen zu können, was vor der langen Motorhaube passiert und gleichzeitig möglichst sportlich zu sitzen. Noch einmal die leicht feuchten Hände an der Hose abwischen, bevor ich den Schlüssen in das Zündschloss stecke und umdrehe. Der Wagen schüttelt sich kurz und spuckt dann ein dumpfes Grollen aus. Mein Puls steigt und die Gedanken an das Hartplastik-Interieur verschwinden. Der Motor hat nach kurzer Zeit seine Betriebstemperatur erreicht und ich fühle mich bereit, dem Pony die Sporen zu geben.
Im zweiten Gang geht es in den Kreisverkehr und auch wieder raus. Ich drücke das Gaspedal in Richtung Bodenblech, der Motor dreht hoch und der V8 brüllt. Das Heck verschiebt sich zur Seite und die Räder suchen auf dem leicht feuchten Asphalt nach Grip. Gangwechsel. Das Heck reiht sich wieder ein, die Tachonadel wandert unaufhörlich nach oben. Nächster Gangwechsel. Die Windgeräusche werden lauter, ich traue mich kurz auf den Tacho zu schauen. „Oh Gott“. Kurz setzt die Vernunft ein. Ich bremse, um wieder eine moderate Geschwindigkeit zu erreichen. Gefühlt fängt man erst wieder an zu atmen, wenn man den Fuß vom Gaspedal nimmt. Mein Herz schlägt mir bis in die Ohren, und ich merke wie sich überall Schweiß an meinem Körper bildet. Überall! Also wirklich überall. Da ist einem egal, dass gerade gefühlt 5 Liter Benzin aus dem Tank verschwunden sind.
Etwas fällt mir extrem auf. Die Menschen reagieren auf den Wagen. Zugegeben dieser ist auch besonders auffällig. Menschen bleiben stehen, machen Fotos, Beifahrer von überholenden Autos auf der Autobahn formen Herzen mit ihren Händen (sowohl Männer als auch Frauen) und Kinder auf dem Parkplatz bekommen große Augen. Ich gestehe, es gab auch negative Reaktionen, aber diese waren deutlich in der Unterzahl.
Als ich das Pony, das ich wirklich liebgewonnen habe, wieder zu seinem Besitzer bringe, lasse ich mich noch einmal zurück in den Sitz fallen. Es ist egal, dass der Innenraum nicht aus hochwertigem, mit Ziernähten versehenem Nappaleder besteht. Ich bin einfach dankbar, dieses Feeling erlebt haben zu dürfen. „Du bist nicht das schönste Einhorn auf der Koppel, eher das bullige Vieh, das zu viel Kraft zum Laufen hat. Der Ritt mit dir jedoch war einer der wildesten und schönsten den ich bisher haben durfte.“
Ich hoffe ich konnte euch die Faszination Muscle Car etwas näherbringen. Wenn ihr mal auf einem Autotreffen seid und seht einen Muscle-Car-Fahrer, sprecht ihn doch mal an und fragt ihn, wie es sich anfühlt, solch ein Auto zu fahren.
Bericht & Fotos: Sören Wulf