Tagesmütter kämpfen ums Überleben!
Ich gewähre Euch heute mal einen Blick hinter die Kulissen eines wirklich traumhaften Job´s, den ich nie wieder eintauschen wollen würde, es irgendwann allerdings vielleicht tun muss….
Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde ich in einem Bewerbungsgespräch durch die sich vorstellenden Personensorgeberechtigten gefragt, wie hoch denn mein Stundensatz sei. Denn für sie war ganz eindeutig klar: ich bin freiberuflich selbständig und kann meinen Preis selbst bestimmen.
Einerseits waren sie glücklich über die Information, dass es egal ist in welcher Kindertagespflegestelle oder Krippe sie ihr Kind betreuen lassen, denn der Preis ist immer gleich, andererseits waren sie überrascht und auch ein wenig schockiert über das Verbot von privatrechtlich vereinbarten Zuzahlungen (Deckelung der Elternbeiträge).
Vorab möchte ich sagen:
Wir Kindertagespflegepersonen (KTPP) haben eine spezielle Form der freiberuflichen Selbstständigkeit, die nicht mit der sonstigen Selbständigkeit gleichzustellen ist.
Kindertagespflege gilt lt. Gesetz nicht als Beruf, der eine Ausbildung zur Grundlage hat. Möchte man als Tagesmutter oder Tagesvater arbeiten, so muss man etliche Kurse absolvieren und sich stetig weiter- und fortbilden.
Eine bundesweite Sonderregelung sorgt dafür, dass Kindertagespflegepersonen trotz Selbständigkeit versicherungspflichtig sind und auch hier durch eine Sonderregelung eine hälftige Erstattung der Beiträge durch die örtlichen Träger erhalten!
Selbst und ständig arbeiten tun wir, selbständig in unserer Preisgestaltung sind wir jedoch nicht. Wer sich schon einmal intensiver mit einer Tagesmutter unterhalten hat, dem ist das deutlich bewusst. Viele jedoch sind stark überrascht über diese nicht unwesentliche Auflage der “Deckelung”, der wir uns fügen müssen.
Um die Vergütung der Dienstleistung einer KTPP zu verstehen, muss man wissen, wie diese sich zusammensetzt. Hier einmal für Euer Verständnis:
Die Vergütung (“laufende Geldleistung”) einer KTPP setzt sich aus einem Anerkennungsbetrag (Geldleistung für erbrachte pädagogische Dienstleistung) und einer Sachaufwandpauschale (Pflegematerialien, Kosten für Wasser, Strom- und Energieverbrauch, Spielmaterialien, Einrichtungsgegenstände, Versicherungen, Fortbildungen etc.) zusammen.
Im Gegensatz dazu steht die Vergütung einer sonstigen selbständigen Person. Sie kalkuliert ihren Stundensatz anhand der ihr entstehenden Betriebskosten, ihrer Qualifikation, Zinsen, KK, RV, Arbeitslosen Vers., Ausfallzeiten etc. und errechnet danach ihren Stundensatz.
Dieser wird durch sie regelmäßig überprüft und natürlich auch der Inflation entsprechend angepasst. Freiberufler, wie auch eine Kindertagespflegeperson, müssen zusätzlich auch Zeit für die Vor- und Nachbereitung einkalkulieren. (Einkaufsfahrten, Büroarbeit, Elterngespräche, Neuaufnahmen usw.). So entsteht der minimalste Stundensatz, der verlangt werden muss, um zumindest kostendeckend zu wirtschaften.
Das Kita-Reform-Gesetz (KiTaG) wurde Ende 2019 beschlossen und 2020 mit dem Ziel, nach besserer Kinderbetreuung, d.h. Erhöhung der Qualität und Entlastung der Personensorgeberechtigten und Kommunen eingeführt. Der Grundgedanke, für die Eltern eine landesweit einheitliche Bezahlung der Kinderbetreuung herbeizuführen, ist großartig.
Vor Einführung der Kita-Reform konnte eine Tagespflegeperson zu dem Anerkennungsbetrag (minimalster Stundensatz, siehe oben) jedoch noch einen Zusatzbeitrag nehmen.
Sie war in der Lage durch ihren privatrechtlichen Dienstleistungsvertrag, entsprechend ihren angebotenen Aktivitäten, ihrer qualitativen Arbeit und der eigenen kalkulatorischen Kosten, mit den Eltern einen Zusatzbeitrag zu vereinbaren. So war es möglich auf sich ändernde Gegebenheiten zu reagieren, zusätzlich vielleicht auch die persönliche pädagogische Arbeit höher vergüten zu lassen.
Für jede KTPP ist die eigene Passion zur Arbeit mit den Lütten der Hauptgrund für die Tätigkeit als Tagesmutter, allerding möchte auch jede/r Selbständige kostendeckend und wertschätzend vergütet werden. Denn nicht nur die wunderbaren täglichen Momente mit den Lütten, sondern auch die Vergütung als zusätzlicher Motivator darf nicht vergessen werden.
Beides sollte so sein, dass ein jede KTPP der Arbeit jeden Tag aufs Neue mit vollem Elan, Spaß und vor allem Sorglosigkeit nachgehen kann?!
Durch die Kita-Reform ist der Anerkennungsbetrag zu einem Mindestsatz mit VERBOT des Zusatzbeitrages geworden. Dieser, sowie die Sachkostenpauschale wurde durch viele schlaue Köpfe beim Land berechnet. Schon bei Einführung der Reform sehr knapp und mit den Entwicklungen der letzten Jahre nicht mehr kostendeckend. Das Land Schleswig-Holstein hat Mindestsätze vorgegeben und jeder Kreis ist berechtigt, die Entlohnung der KTPP zu erhöhen. Das tun nur die wenigsten Kreise.
Kreis Rendsburg-Eckernförde tut dieses ein Stück weit, in Form von Vergütung einer bestimmten Zahl von Ausfalltagen, worüber ich persönlich mich sehr freuen darf, allerdings ist das bei vielen anderen nicht der Fall.
Der Mindestsatz der Sachaufwandpauschale ist verpflichtend durch die Kreise zu prüfen und eigenständig zu kalkulieren und zu erhöhen, um kostendeckend an die Tagespflegepersonen ausgezahlt zu werden.
Es ist zwar durch das KiTaG eine jährlich prozentuale Erhöhung vorgesehen, doch mittlerweile hat sich die Inflationsrate auf ca. 10% erhöht. Durch den Stundensatz können kaum Rücklagen gebildet werden, um kurzfristige finanzielle und wirtschaftliche Veränderungen aufzufangen.
Dadurch geraten Einige schnell in eine finanzielle Schieflage. So ist es dann nicht verwunderlich, dass sich Eltern sowie vor allem Kindertagespflegepersonen bei dem Punkt der Bezahlung fragen: „Wie, ich denke du bist selbständig!?“
Ich wage zu behaupten jede KTPP liebt ihren Job und sieht es in fast 99% der Fälle als Berufung an. Denn es ist wundervoll die Lütten in ihren ersten Lebensjahren zu begleiten. Es ist Musik für meine Ohren das tägliche Kinderlachen zu hören. Es ist wundervoll das Vertrauen und die Wertschätzung der Eltern zu genießen und einfach erfüllend jeden Tag in kleine Kindergesichter zu blicken und zu wissen, dass neben ihren Eltern auch wir ihnen viele großartige Momente schenken dürfen.
Und schlussendlich bleibt die Frage: „Darf eine solch elementar wichtige Arbeit (sogar systemrelevant), nicht auch ihrer jeweiligen Qualität entsprechend wertschätzend vergütet werden und zu einem möglichst sorgenfreien Leben beitragen!?“
Meike Onusseit von LÜTT & PLIETSCH