Ballett für Kinder - Unterricht fürs Leben

Das junge Talent Victoria Parfenov
Balletttrainerin Greta Bonmann

Es sieht leicht und so mühelos aus, wenn die Tänzer ihre Beine heben. Das ist es, was man wahrnimmt, wenn man Ballett durch ein Fenster betrachtet. Steckt man im Geschehen, stellt man fest, dass die Welt des Balletts weitaus mehr ist als Tanzen in schönen Kostümen.

Es ist vielmehr Lernen fürs Leben. Es braucht Zeit, zu dieser Erkenntnis zu kommen. Manche erkennen das schneller als andere. Wer mit der Hoffnung hinein geht, nach der ersten Ballettstunde einen Spagat und eine technisch perfekte Pirouette zu meistern, irrt sich. Man beginnt mit den kleinsten Schritten und der Weg zur ersten Pirouette ist ein langer. Das Erlernen der richtigen Haltung im Ballett ist mit eine der schwersten Übungen.

Es ist die erste, große Herausforderung für die Kinder, ihren Körper derartig zu kontrollieren. Trotz der Anstrengungen werden sie neugierig und hinterfragen die ungewohnten Bewegungen. Somit entsteht in jungen Jahren ein ausgeprägtes Körpergefühl. Kinder lernen nicht einfach das „Geradestehen“, es ist vielmehr ein geistiges Reifen und ein „Verständnis entwickeln“ für den eigenen Körper. Als Trainerin bemerkt man, wie vorsichtig und achtsam die hauptsächlich weiblichen Schülerinnen mit ihrem Körper werden.

Neben dem Erlernen des Körpergefühls kommt nun die klassische Musik mit ins Spiel. Denn, ob man es glaubt oder nicht, viele erkennen nach kurzer Zeit die wiederkehrenden Strukturen und entwickeln ein Taktgefühl. Hin und wieder erkennen sie die Melodie der Ballettstücke und beschreiben mir diese. Mir als Trainerin ist wichtig, den Kindern und Jugendlichen ein Gespür für diese Musik zu geben. Manchmal lasse ich sie einige Minuten mit geschlossenen Augen auf dem Boden sitzen und spiele ein klassisches Musikstück ab. Ich frage die Tänzer(innen) danach nach ihren Gefühlen, und wie die Musik auf sie gewirkt hat, fröhlich oder etwa düster? Sie beginnen somit nicht einfach nur zu irgendeiner Musik zu tanzen, sondern richten ihre Bewegungen und ihren Ausdruck nach der Musik. Es schärft ihre Aufmerksamkeit und hilft ihnen, sich zu bewegen. Dies ist das Training der jüngeren Kinder, ein ständiges Wiederholen und Verbessern.

Durch langsam dazukommende neue Inhalte verstehen sie allmählich die Ballettschritte und können sie miteinander verbinden. Es bricht dann die Phase an, wo sie beim Spiel „Stop-Tanz“ nicht einfach nur herumhüpfen, sondern Ballettschritte mit Sprüngen verbinden. Dieser Prozess kommt schleichend, ohne dass sie es genau merken, ist allerdings für mich als Trainerin eine schöne Bestätigung der Arbeit.

Mit dem Alter und der Disziplin wachsen die Kinder weiter heran und wer Ballett seit jüngstem Alter macht, wird womöglich die erste „Erschöpfung“ verspüren.

Denn das Training und das ständige Wiederholen der Übungen kann ermüden und deprimieren.

Ballett ist in jeder Hinsicht eine Herausforderung für den Kopf. Das ständige sich im Spiegel betrachten oder das Erlebnis, nach all den Jahren Training immer noch aus der Balance zu fallen. Es ist ein Auf und Ab zwischen einem motivierenden Tag und einem frustrierenden Tag. Dies ist normal beim Ballett. Es ist wichtig, die Schüler(innen) an diesem Punkt als Trainerin aufzufangen und ihnen klarzumachen, dass sie körperliche und mentale Arbeit leisten, und das in diesen jungen Jahren. Man muss ihnen klar machen, dass es sich eines Tages auszahlen wird, ob auf einem Wettbewerb oder draußen im Leben. Balletttänzer(innen) sind absolute Perfektionisten, lernen von jüngstem Alter an Disziplin und entwickeln Ausdauer.

Je älter alle werden umso mehr trennen sich nun die Wege. Die einen wollen mehr Leistung, die anderen sehen es als Hobby und machen sich keinen Stress. Wer auf Wettbewerben tanzen will, opfert sehr viel Zeit für diese Leidenschaft. Aus diesem Grund gründete ich die „Baltic Ballet Group“ von Tanzen in Kiel e.V..

Alle Mitglieder erlernen klassische und moderne Choreografien, um ihr eigenes Ziel zu verwirklichen. Im Februar 2023 hatten wir die erste wundervolle Erfahrung eines Wettbewerbs. Die Anspannung aller war enorm, aber das Gefühl als Tänzer, so hart gearbeitet zu haben, und an seinem Ziel angelangt zu sein, ist ein Gefühl, was einem keiner nehmen kann. Meine jüngste Solotänzerin kam voller Freude von der Bühne, während der ganze Verein mit unserer Gruppe feierte.

Es sind Momente wie diese beim Ballett, in denen man weiß, warum man tanzt. Wenn einem als Trainerin die Tränen die Wange herunterlaufen und deine Schüler vor Freude auf der Bühne lachen, weißt du, wie wundervoll es ist für seinen Traum zu arbeiten.

Es ist Stolz der in ihnen keimt und das kann ihnen niemand nehmen. Und so verfahren alle Tänzer weiter: Sie trainieren, motivieren einander und stehen auf, wenn sie hinfallen. Es ist am Ende egal, wo einen der Weg nach dem Ballett hinführt. Keiner kann es einem nehmen, diese Erlebnisse gehabt zu haben.

Warum Ballett also Unterricht fürs Leben ist? Es gibt einem jede Freude, Disziplin, Gefühle und sehr viel Weisheit!

Greta Bonmann
Balletttrainerin
Tanzen in Kiel e.V.

Victoria Parfenov mit Jennifer Schäfer