Was erwartet mich nach meinem Anruf bei der Mobbingberatung FairKom?

Gründer und Leiter von FairKom Torsten Gottschall | Foto © soulpicture

Nachdem wir uns nun einigen theoretischen Grundlagen des Mobbingbegriffes genähert haben, möchte ich Sie heute zu einem Ausflug in die Praxis der Mobbingberatung einladen.

Der Erstkontakt entsteht meistens über das Telefon, manchmal auch per E-Mail. Unsere Adresse wird fast immer über das Internet gefunden.

„Ich ermutige dann immer, diese Tränen laufen zu lassen.“

Am Anfang des Gespräches dauert es häufig ein wenig, bis die Ratsuchenden ins Erzählen kommen. Viele benötigen lenkende Fragen von mir: „Mögen Sie mir kurz erzählen, was mit ihnen während der Arbeit passiert…“. Einmal damit angefangen fällt es Vielen schwer, wieder aufzuhören. Sehr häufig fließen Tränen, egal ob bei Mann oder Frau. Ich ermutige dann immer, diese Tränen laufen zu lassen. Dies tue ich schon deswegen, weil sich in der überwiegenden Zahl der Fälle meine Gesprächspartner*innen für ihr Weinen entschuldigen. Dabei kann es doch sehr erleichternd sein, seiner inneren Gefühlslage – auch wenn es erst einmal am Telefon ist – Ausdruck zu verleihen.

Wenn sich die Ratsuchenden dann wieder ein wenig gefangen haben, drücken sehr, sehr viele ihre Verwunderung darüber aus, dass ich nicht wie zum Beispiel ein Anwalt kühl und sachlich die Beratung einleite und durchführe. Sie sind schlichtweg überrascht davon, dass in unserer Beratung zunächst der Mensch absolut im Mittelpunkt steht!

Nachdem ich mir ein kurzes Bild am Telefon gemacht habe, kann ich entscheiden, ob es Präsenztermine braucht oder ob ein kurzer Ratschlag gegebenenfalls schon ausreichend ist. In etlichen Telefonaten spüre ich einen großen Widerstand, das Wort „Mobbing“ auszusprechen. Es ist häufig gleichsam mit einem Tabu belegt. Andererseits gibt es wieder Ratsuchende, die den Eindruck haben, von jedem Vorgang innerhalb der Arbeitsstelle gemobbt zu sein.

Ich lasse es am Telefon erst einmal so stehen, weil trotz aller sachlichen Definitionsversuche das Gefühl, gemobbt zu werden, auch immer mit der „inneren Wahrheit“ der betroffenen Person zu tun hat. Als innere Wahrheit bezeichne ich kurz gesagt die Art und Weise, wie ein Mensch seine Welt wahrnimmt und was er für sich als richtig oder falsch, Wert oder Unwert, erstrebenswert oder nicht erstrebenswert erachtet. Es ist müßig zu erwähnen, dass die inneren Wahrheiten eines Menschen so individuell sind wie die Menschen selbst. Daher mag sich eine Person durch Vorgänge oder Verhaltensweisen an seiner Arbeitsstelle schon gemobbt fühlen, wenn andere womöglich denken, dass es sich um einen durchaus lösbaren Konflikt handelt.

Wenn ein kurzer Ratschlag nicht weiterhelfen kann – und das ist zum überwiegenden Teil der Anfragen der Fall – wird ein Termin zum Erstgespräch vereinbart. Hier ist es übrigens nicht wichtig, woher die ratsuchende Person kommt. Denn schon lange vor Corona boten wir Mobbing-und Konfliktberatung bundesweit online an. Speziell für diesen Bereich habe ich mich stetig weitergebildet und durch abgeschlossene TÜV-zertifizierte Fortbildungen intensiv professionalisiert. Dies kam mir natürlich zu Zeiten von Corona sehr gelegen, weil eben die Onlineberatung keine wirklich neue Herausforderung darstellte. So finden während der Pandemie durchweg alle Beratungen online statt. Den Beratungsergebnissen tut das übrigens keinen Abbruch. Aber natürlich ist es schöner, sich im persönlichen Setting kennenzulernen.

Zurück zum Erstgespräch: Üblicherweise treffen wir uns dann persönlich im Sophienblatt 19 in Kiel.

Auffallend ist, dass viele Menschen, nachdem sie Platz genommen haben, mit einem ähnlichen Satz beginnen: „Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich erzählen soll“ .Nun sollte man doch denken, dass Ratsuchende die Gelegenheit beim Schopf ergreifen und loslegen, um mir ihre Geschichte zu erzählen. Wieso ist es also so schwer, den Raum der Beratungssituation für sich selbst zu nutzen?

„Dabei ist für mich stets oberstes Gebot, nicht zu werten! Schon diese Haltung ist für viele Menschen sehr ungewohnt.„

Dies ist meiner Erfahrung nach verschiedenen Umständen geschuldet. Zum einen erlebe ich – auch in meinen therapeutischen Beratungen – dass es für Menschen grundsätzlich nicht einfach ist, den zur Verfügung gestellten Raum zu nutzen. Sie sind es schlichtweg nicht gewohnt, dass man sich ausschließlich auf sie konzentriert und durchweg alles Wert schätzt, was sie sagen und tun.

Dies soll nicht bedeuten, dass ich alle Handlungen für angemessen halte. Vielmehr bringe ich damit meinen Respekt und meine Akzeptanz zum Ausdruck und versuche zu verstehen, wie der vor mir sitzende Mensch zu diesen Handlungen gekommen ist. Man könnte auch sagen, ich versuche die innere Wahrheit dieses Menschen zu ergründen und zu verstehen.

Dabei ist für mich stets oberstes Gebot, nicht zu werten! Schon diese Haltung ist für viele Menschen sehr ungewohnt. Wir sind es einfach gewohnt, dass unser Gegenüber es entweder gut oder schlecht wertet, was wir tun oder lassen. Wertungen wären aber in meiner Art der Beratung nicht zielführend. Letztlich geht es auch nicht um die Bewertung des Tuns meines Gegenübers. Wenn ich letztlich eine passgenaue Beratung entwickeln möchte, kann ich mich nicht von meinen eigenen inneren Wahrheiten und Wertesystemen lenken lassen. Dies würde zu völlig schiefen Beratungsergebnissen führen müssen.

Letztlich soll ja eine Strategie entwickelt werden, in der die oder der Ratsuchende nicht nur persönlich profitiert und sich sein Wohlbefinden im besten Fall deutlich stabilisiert, sondern auch aufgezeigt werden, wie mit dem schädigenden beruflichen Umfeld in guter Art und Weise umgegangen werden kann. Mit „guter Art und Weise“ meine ich in aller Regel deeskalierende Strategien und Schlichtungsbemühungen. Natürlich geht es manchmal nicht ohne Eskalation ab. Vor allen Dingen dann, wenn es sich um „Bossing“, also Mobbing von oben nach unten in der Hierarchie, dergestalt handelt, dass sozusagen der Personalkörper durch Mobbing verkleinert werden soll, wenn der Geschäftsführung Kündigungen nicht durchbringbar erscheinen. In solchen Fällen kann eine Eskalation, gegebenenfalls sogar unter Einsatz eines Fachanwaltes für Arbeitsrecht, durchaus zielführend sein.

Hier arbeiten wir mit verschiedenen Fachanwält*innen zusammen. Bei diesen Personen ist uns außerordentlich wichtig, dass sie durchweg Arbeitnehmer*innen vertreten und keine Arbeitgeber*innen! Zudem verfügen unsere Partner*innen über eine hohe soziale Kompetenz und Verständnis für die persönlichen und psychischen Wirkkomponenten von eskalierten Konflikten und Mobbing. Wo wir gerade bei Partner*innen sind: wir arbeiten auch mit Ärzt*innen zusammen, die wir entweder selbst einmal um Rat befragen oder aber eine ratsuchende Person dorthin verweisen, wenn für diese bislang kein Hausarzt verfügbar ist.

Letztlich drückt der oben erwähnte Satz „Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich erzählen soll“ ein Wesen von Mobbing aus: Mobbing wirkt in aller Regel sehr subtil und unter der Oberfläche, sodass man häufig gar nicht auf Anhieb klar benennen kann, was genau passiert. Man nimmt wahr, dass etwas nicht stimmt und dass man immer weiter isoliert wird. Warum dies passiert und wie die entsprechenden Personen dazu kommen, dies zu tun, erschließt sich häufig und gerade am Anfang eines Mobbingprozesses nicht.

In der nächsten Folge entführe ich Sie weiter in die Praxis meiner Mobbingberatung.

Bitte schreiben Sie mir gerne ihre Erfahrungen mit Mobbing unter torsten. gottschall@mobbingnetzwerk-nord.de

Mobbing- und Konflikt-
beratungsstelle FairKom

Sophienblatt 19
24103 Kiel

Telefon 0431-26099916
E-Mail: info@mobbingnetzwerk-nord.de

In der nächsten Folge:
Wie geht es weiter mit der Beratung bei FairKom?